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Geschichte
Alpine Wasserspiele

Alpine Wasserspiele


Nieselregen. Damit hatten wir nicht gerechnet. Seit Tagen spricht der Wetterbericht von harmlosen Wolken und viel Sonne...Die Sieben-Seen-Wanderung ist ein Klassiker – aber immer für eine Überraschung gut.


Die ersten 600 Höhenmeter liegen schon hinter uns, als ich mit Fotograf Oskar und den beiden Wanderfreunden Karl und Irmi aus dem Shuttlebus steige, der uns vom Parkplatz beim Bergbaumuseum in Maiern (1.417 m) durch das Lazzacher Tal bis unterhalb der Moarerbergalm (Poschalm, 2.113 m) gebracht hat.

 

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In Regenjacken steigen wir über Almböden und den Bergwerkslehrpfad mit Relikten aus dem einstigen Silber-, Blei- und Zinkabbau am höchstgelegenen Bergwerk Europas die Markierung 33 folgend Richtung Norden auf. Karl und Irmi wandern mit leichtem Gepäck – ganz im Gegensatz zu mir: „Nimm genug zu trinken mit, unterwegs gibt es keine Quellen“, hatte mir eine Freundin geraten. „Zur Not“, lacht Karl, „tut es auch das Wasser, das vom Gletscher herabfließt“. Meine Freundin hat’s gut mit mir gemeint, aber tatsächlich queren wir mehrmals Bäche, in denen reinstes Bergquellwasser sprudelt – neben uns Glockenblumen, Klee, Berghahnenfuß, kleine Schmetterlinge und Steinermandln.

Den See beinahe übersehen

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Die Schafe liegen noch im Gras. Der Nebel wird so schnell nicht verschwinden.

Alle paar Schritte weist uns die rot-weiße Markierung den Weg, und doch wären wir beinahe am Mittleren Moarer Egetsee (2.468 m) vorbeigelaufen. Nur für einen kurzen Moment ist der Blick auf die winzigen Wellen frei, die der Morgenwind über die Wasseroberfläche zieht.

Die sieben Seen sind im Schnitt eine halbe bis dreiviertel Stunde Gehzeit voneinander entfernt. Den Pfurnsee, den letzten, müssen wir uns nach einem eineinhalbstündigen Aufstieg noch eigens dazuverdienen. Zuerst geht es über die schneeweise Schutthalde der Moarer Weißen („Ridnauner Dolomiten“) hinauf zum Egetjoch, dem höchsten Punkt (2.693 m).

Karl und Irmi sind diesen Weg schon oft gegangen, im Winter mit Skiern, als sie auf umliegende Gipfel wie den Botzer hochgestiegen sind. Anfang Juli, vor drei Wochen, hätten wir noch durch viel größere Schneefelder stapfen müssen als heute. Schnee und die Suche nach Markierungen kann hier viel Zeit kosten. Letztes Jahr war um diese Zeit alles aper und selbst die vielen Kleinstseen um uns herum waren ausgetrocknet.

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Obwohl wir beim Aufstieg zurückblicken, bleiben der Obere und Untere Moarer Egetsee unter dem Nebelschleier verborgen. Wir steigen vom Joch links ab zum Hinteren Senner Egetsee (2.647 m), der doppelt so groß ist wie der erste. Zwei Wanderer stehen am Ufer und fotografieren, ein Teil der Timmelsspitze spiegelt sich im Wasser.

Mit jedem Schritt geht die karge Mondlandschaft mehr und mehr in bemooste, moorige Hochebene mit Findlingen über, die, wenn sie sprechen könnten, viel zu erzählen hätten … Leichter Regen tropft in den Großen Vorderen Senner Egetsee (2.510 m), die eisenhaltige Erde hat ihn stellenweise rostig gefärbt. 

Farbenspiel: von rostrot bis smaragdgrün

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Mitte Juli blüht hier ein Meer von Wollgräsern, von denen es in Ratschings vier Arten gibt. Kröten springen in den Kleinen Vorderen Egetsee. Ob darin auch Fische schwimmen?

Nach einer kurzen Rast geht es vorbei an weidenden Schafen und glänzenden Grashalmen über steinige Stufen hinunter. Vor uns ein pfeifendes Murmeltier - zu neugierig, um sich in den Bau zu verkriechen. Rechts unter uns zieht sich der Trübe See (2344 m) in die Länge, blaugrün schimmernd, und mit jedem Meter, den wir hinabsteigen, bietet er unseren Augen ein neues Farbspektrum.

Drei-Hütten-Blick und Kneipp-Bad

Je länger wir wandern, desto schweigsamer werden wir. Nur die Bäche rauschen ununterbrochen, von fern und nah, mal leiser, mal lauter, mal dumpfer, mal klarer … Das Wasser begleitet einen hier vom ersten bis zum letzten Schritt. Als wir von den Egetlahner zu den Sandböden absteigen, stürzt links der mächtige Fernbach die Felsen hinab.

Schweren Herzens entscheiden wir uns nach der Einkehr in der Grohmannhütte, nicht auf dem Serpentinenweg Nr. 9 zur Teplitzerhütte und zum Pfurnsee aufzusteigen, sondern ostwärts zum Aglsboden abzusteigen – mit kurzem Halt am „Drei-Hütten-Blick“, wo die Grohmannhütte, die höher gelegene Teplitzhütte und das weit entfernte Becherhaus gleichzeitig zu sehen sind.

Der Himmel öffnet sich, als wir an der Bergziegenherde vorbei und über die Hängebrücke zur Aglsbodenalm wandern. Sonne überall, nur harmlose Wolken. Genau wie es der Wetterbericht vorhergesagt hat. Bevor es über die Burkhardklamm und den Bergweg 9 zurück nach Maiern, unserem Ausgangspunkt, geht, kneippen wir noch im Fischerteich bei der Aglsbodenalm. Nächstes Jahr geht’s wieder zu den Seen hoch. Das sind wir den trocken gebliebenen Badesachen in unseren Rucksäcken schuldig.

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Oskar, Karl, Irmi und Renate
7-Seen-Rundwanderung

Text: Renate Breitenberger
Fotos: Oskar Zingerle

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